Als familiäre Betreuungsperson den Alltag meistern

Psychische Störungen sind in Europa weit verbreitet und stellen eine große Belastung für den Einzelnen, die Gesellschaft und die Wirtschaft dar. Sie machen 22% der Behinderungs-Belastung in der EU aus, wenn man sie in Jahren berechnet, die mit einer Behinderung gelebt wurde (Years Lived with Disability, YLD). Diese Belastung durch psychische Störungen hängt mit der hohen Prävalenz psychischer Gesundheitsprobleme zusammen – wobei die Störung in den meisten Fälle bereits in jungen Jahren beginnt, oft noch vor Erreichen des Erwachsenenalters – und den damit verbundenen Auswirkungen auf den Einzelnen, die Gesellschaft und die Wirtschaft sowie mit der Tatsache, dass etwa die Hälfte der Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen keine evidenzbasierten Behandlungen erhält.

Familiäre Betreuungspersonen spielen eine zentrale Rolle bei der Betreuung von Personen mit schweren psychischen Erkrankungen. Dies ist eine wichtige Tatsache, und das Ergebnis ist, dass die Mehrheit der Betreuungspersonen 24 Stunden am Tag, an jedem Tag des Jahres, mit der Krankheit ihres betroffenen Angehörigen leben. Laut einer Umfrage, die in einer Reihe europäischer Länder durchgeführt wurde, berichten die Betreuer von Menschen mit psychischen Erkrankungen davon, durchschnittlich sechs bis neun Stunden pro Tag mit Betreuung und Pflege zu verbringen. Darüber hinaus sind 36% dieser Personen die alleinige Betreuungsperson. Trotz ihrer wichtigen Rolle fühlen sich die Betreuer häufig vom Gesundheitssystem unterbewertet. Obwohl es keinen Zweifel an der wichtigen Rolle gibt, die die familiäre Betreuungspersonen und die Familien als Ganze spielen, hält sich bei ihnen beständig das Gefühl, dass eigene Bedürfnisse dauerhaft vernachlässigt werden.

Forschungsergebnisse zeigen, dass betreuende Familienmitglieder selbst Gefahr laufen psychisch zu erkranken, wenn sie Angehörige mit einer chronischen oder einschränkenden psychischen Erkrankung pflegen. Emotionale, psychische und physische Gesundheitsprobleme entstehen durch die komplexe Pflegesituation und die Belastungen bei der Pflege von gebrechlichen oder eingeschränkten Angehörigen. Der medizinische Fortschritt, kürzere Krankenhausaufenthalte und die Ausweitung der häuslichen Pflege haben die Verantwortung für Pflege und Betreuung an die Familien übertragen. Diese müssen dadurch für deutlich für längere Zeiträume größere Pflegelast tragen.

Während der Vorbereitung für dieses Projekts wurde den Partnern folgendes klar:

  • Die staatliche Unterstützung von familiären Betreuungspersonen bezieht sich in allen EU-Ländern nur auf finanzielle oder versicherungstechnische Aspekte.
  • Generell lässt sich sagen, dass die Betreuungspersonen / Familienangehörigen , abgesehen von Informationen zu den zuvor genannten Themen, allein gelassen werden.
  • Die Möglichkeit kurzfristig auf soziale oder psychologische Unterstützungsangebote zuzugreifen, ist nicht vorhanden.
  • Darüber hinaus steuert eine neo-liberale Politik in vielen Ländern darauf zu, das sozial-staatliche System und die wachsenden Kosten für die professionelle Unterstützung von Familien zu reduzieren.


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